Refsum-Syndrom, Morbus Refsum - eine Phytansäurelipidose
Die sehr seltene Refsum-Erkrankung (geschätzte Inzidenz 1/1 Mio. Menschen in Mitteleuropa) ist eine genetisch bedingte Stoffwechselstörung, bei der Phytansäure im Körper vor allem in fettreichen Körpergeweben angereichert wird. Die Namensgebung der autosomal-rezessiv vererbten Erkrankung folgt der Erstbeschreibung 1946 durch den Norweger Sigvald Refsum. Die meisten beschriebenen Fällen gibt es in Großbritannien und Norwegen.
Abbau von Phytansäure gestört
Phytansäure ist eine gesättigte Fettsäure, die ausschließlich über die Nahrung aufgenommen und nicht vom Körper selbst gebildet wird. Als Abbauprodukt des grünen Pflanzenfarbstoffs Chlorophyll ist sie vor allem in Produkten pflanzenfressender Tiere wie Fleisch, Milchprodukten, aber auch in fetthaltigem Fisch und Meeresfrüchten enthalten. Mit der normalen Ernährung werden pro Tag 50 – 100 mg Phytansäure aufgenommen. Der durchschnittliche Wert im Blutplasma liegt bei 1 – 2 mg/l und ist bei Morbus Refsum um das Zehn- bis Hundertfache erhöht. Im Blutplasma ist Phytansäure zu einem großen Teil an Lipoproteine gebunden.
Zu Beginn oft ophthalmologische oder neurologische Symptome
Ursache für die Refsum-Erkrankung ist in der Regel ein Mangel an dem Enzym Phytanoyl-CoA-Hydroxylase, das für den ersten Schritt des Abbaus der Phytansäure notwendig ist. Die meisten Symptome sind ophthalmologischer oder neurologischer Art, weshalb Augenärzte oder Neurologen in der Regel die ersten Ansprechpartner sind, ohne dass die Grunderkrankung wegen ihrer Seltenheit immer auf Anhieb diagnostiziert wird.
Vielfältige Symptome möglich
Es treten Retinitis pigmentosa mit Nachtblindheit und fortschreitenden Gesichtsfeldeinschränkungen, eine sich entwickelnde Taubheit, Geruchs- und Geschmacksstörungen (Anosmie), motorische und sensible Störungen in den Extremitäten (periphere Polyneuropathie) sowie Störungen der Bewegungskoordination (zerebelläre Ataxie) auf. Weitere Symptome sind unter anderem schuppige Hautveränderungen (Ichthyose), Veränderungen des Skeletts der Extremitäten, insbesondere der Finger und Zehen (epiphysäre Dysplasie) sowie Herzrhythmusstörungen.
Welche Therapiemöglichkeiten des Refsum-Syndroms gibt es?
Eine frühzeitige Behandlung der Erkrankung ist erforderlich, um das Ausmaß irreversibler Schädigungen möglichst gering zu halten. Eine ursächliche Therapie des Morbus Refsum, beispielsweise durch Medikamente, steht jedoch derzeit nicht zur Verfügung. Eine Phytansäure-arme Diät ist daher zunächst die wichtigste therapeutische Maßnahme. Ziel ist es, die tägliche Aufnahme an Phytansäure mit der Nahrung unter 10 mg pro Tag zu halten. Gleichzeitig muss eine ausreichende Vitamin- und Kalorienzufuhr erfolgen, um die unkontrollierte Freisetzung von Phytansäure aus Ablagerungen im Körper und damit eine akute Verschlechterung des Krankheitsbildes zu verhindern.
Therapieoption Doppelfiltrations-Plasmapherese
Wenn die Diät nicht ausreicht, um den Phytansäurespiegel zu senken, akute Krankheitsschübe zu beherrschen und das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern, ist der Einsatz der DFPP in Erwägung zu ziehen. Die Phytansäure ist im Blutplasma zum großen Teil an Lipoproteine gebunden. Dies ermöglicht eine Elimination der Phytansäure durch Apherese, insbesondere durch Plasmafiltration. Die DFPP kann bei Refsum-Patienten die Zahl der Krankenhausaufenthalte (Hospitalisierung) reduzieren, die Rückbildung oder Stabilisierung von Symptomen bewirken und ein Übergreifen der Erkrankung auf unbeteiligte Organe verhindern. Eine substantielle Rehabilitation der Patienten ist möglich.
Wenn Sehen, Hören und Riechen nicht mehr selbstverständlich funktionieren
Kerstin R. leidet am sehr seltenen Refsum-Syndrom. Ärzte erkannten die ersten Symptome der Erkrankung über viele Jahre nicht, weshalb sie mit 42 Jahren fast das Vollbild der Refsum-Erkrankung aufzeigte. Seit der Diagnose hält sie eine strenge Diät ein, zudem unterzieht sie sich einmal in der Woche einer knapp dreistündigen DFPP-Behandlung. Über den langen Weg zur richtigen Diagnose und wie sich Kerstin R. von ihrer Stoffwechselstörung nicht unterkriegen lässt, berichtet der folgende Artikel aus der Mainpost.
Refsum verstehen – Leben verbessern
Der Verein Refsum Deutschland e.V. arbeitet zusammen mit der Global DARE Foundation daran, die Refsum-Erkrankung bei Ärzten, Wissenschaftlern und in der Öffentlichkeit bekannter zu machen. Dadurch sollen Betroffene besser unterstützt werden, insbesondere durch eine verkürzte Zeitdauer bis zur richtigen Diagnosestellung und durch die Weiterentwicklung und Verbesserung von Therapien. Ziel ist eine höhere Lebensqualität der von Refsum betroffenen Menschen. Im Informationsblatt von Refsum Deutschland e.V. finden Sie Tipps und Kontakte für Diagnose und weitere Unterstützung.
Für weitere Informationen zum Thema DFPP beim Refsum-Syndrom wenden Sie sich gerne an uns.
Kontakt aufnehmenWeiterführende Informationen und Literatur
- Apherese-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie 2023
- Guidelines on the Use of Therapeutic Apheresis in Clinical Practice – Evidence-Based Approach from the Writing Committee of the American Society for Apheresis (ASFA): The Eighth Special Issue
- Rüther K. Die adulte Refsum-Erkrankung. Eine Netzhautdystrophie mit therapeutischen Optionen. Ophthalmologe (2005) 102: 772-777.
- Weinstein R. Phytanic acid storage disease (Refsum's disease): clinical characteristics, pathophysiology and the role of therapeutic apheresis in its management. J Clin Apher (1999) 4: 181-184.
- Zolotov D, Wagner S, Kalb K, et al. Long-term strategies for the treatment of Refsum's disease using therapeutic apheresis. J Clin Apher (2012) 27: 99-105.
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