Immunadsorption
Mit der Immunadsorption, der selektiven Alternative zum Plasmaaustausch, können lösliche Faktoren des Immunsystems (Immunglobuline, Immunkomplexe) gezielt aus dem Plasma des Patienten entfernt werden.
Selektive Entfernung von Immunglobulinen
Immunadsorptionsverfahren beruhen auf einer vorherigen Trennung des Plasmas von den Blutzellen mittels Plasmafilter oder Zentrifuge. Im zweiten Schritt wird das Plasma über einen Adsorber, auch Säule genannt, geleitet. Es gibt unterschiedliche Säulen zur Immunadsorption – das Prinzip ist jedoch stets ähnlich: Die Säule enthält ein Trägermaterial, an das Trägermaterial ist ein Ligand fest gekoppelt. Der Ligand bindet über immunologische oder physikochemische Reaktionen die Immunglobuline. Der Patient erhält danach das eigene, gereinigte Plasma zusammen mit den Blutzellen zurück. Essentielle Plasmabestandteile bleiben erhalten und müssen nicht durch Fremdproteinlösungen ersetzt werden.
Behandlung autoimmunvermittelter Erkrankungen
Man unterscheidet Einmalsäulen - für jede Immunadsorption wird ein frischer Adsorber verwendet - und regenerierbare Säulen, die für denselben Patienten mehrfach eingesetzt werden können. Dies erfordert einen zum Teil aufwendigen Spül- und Regenerationsprozess und eine entsprechende Kühllagerung der Adsorbersäulen.
Immunadsorptionsverfahren kommen meist zur Behandlung von autoimmunologisch vermittelten Erkrankungen zum Einsatz. Die Grundlage für die akute oder auch langfristige Therapie mit der Immunadsorption ist die pathophysiologische Relevanz vorhandener Autoantikörper für das Entstehen oder Fortschreiten der jeweiligen Erkrankung.
Zum Beispiel bindet die Einmalsäule mit der Aminosäure Tryptophan als Liganden ein breites Spektrum von Immunglobulinen, insbesondere die IgG-Subklassen 1, 3 und 4, zu denen die meisten Autoantikörper bei autoimmunvermittelten Erkrankungen gehören.
Schnellerer Wirkungseintritt
Die Immunadsorption als Therapieoption positioniert sich bei den verschiedenen Indikationen sowohl ergänzend als auch konkurrierend zur Gabe von Immunglobulinen, Steroiden, dem gesamten Spektrum der Immunsuppressiva und Biologika. Der im Vergleich oft schnellere Wirkungseintritt der Immunadsorption ist ein wichtiger genereller Aspekt der Differentialindikation der Immunadsorption, insbesondere in der akuten Situation bei schweren Autoantikörper-vermittelten Erkrankungen.
Drei Wirkmechanismen
Der Therapieeffekt der Immunadsorption bei autoantikörpervermittelten Erkrankungen hat drei wesentliche Wirkmechanismen: die unmittelbare Absenkung der Autoantikörper- und Immunkomplex-Konzentration im Blut, die hierdurch gepulste Antikörperumverteilung aus dem Extravasalraum und nachfolgende immunmodulatorische Veränderungen auf zellulärer Ebene.
Zur Behandlung akuter Krankheitsbilder hat sich ein Therapieschema bestehend aus sechs Behandlungen, verteilt über einen Zeitraum von zwei Wochen, bewährt.
Darüber hinaus stehen für die AB0-inkompatible Organtransplantation spezielle Immunadsorbersysteme zur Elimination von Blutgruppenantikörpern (Isohämagglutinen) zur Verfügung.
Eine Auswahl von Krankheitsbildern, die mit Immunadsorption behandelt werden können
Neurologie
- Multiple Sklerose (MS)
- Guillian-Barré-Syndrom (GBS)
- Myasthenia gravis (MG)
- Chronisch verlaufende, inflammatorische, demyelinisiernde Polyneuritis (CIDP)
- Autoimmune Enzephalitiden
Kardiologie
- Dilatative Kardiomyopathie (DCM)
Transplantation
- Blutgruppen (AB0) -inkompatible Transplantation bzw. Antikörper-vermittelte Transplantatabstoßung
Nephrologie
- Goodpasture Syndrom
- Fokal-segmentale Glomerulosklerose (FSGS)
- Systemischer Lupus Erythematodes (SLE)
- Wegener Granulomatose
Dermatologie
Hämatologie
- Hemmkörper-Hämophilie A
- Thrombozytopenische Purpura (TTP/ITP)
Für weitere Informationen zur Immunadsorption wenden Sie sich gerne an uns.
Kontakt aufnehmenReferenzen zur klinischen Evidenz und Begründung für den Einsatz der Immunadsorption
Eine gute Dokumentation und Begründung für den Einsatz der Immunadsorption durch Richtlinien, Leitlinien oder medizinisches Fachwissen ist in der klinischen Praxis essentiell - auch im Zusammenhang mit der späteren Abrechnung und Vergütung.
Referenzen dazu finden Sie hier:
Weiterführende Informationen und Literatur
- Apherese-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie 2023
- Guidelines on the Use of Therapeutic Apheresis in Clinical Practice – Evidence-Based Approach from the Writing Committee of the American Society for Apheresis (ASFA): The Ninth Special Issue
-
Klingel R, Fassbender C, Heibges A. Therapeutische Apherese in der Neurologie – Plädoyer für die Immunadsorption. Spektr Nephrol (2011) 24: 3-12.
-
Klingel R, Heibges A, Fassbender C. Neurologic diseases of the central nervous system with pathophysiologically relevant autoantibodies - Perspectives for immunoadsorption. Atheroscler Suppl (2013) 14: 161-165.
-
Köhler W, Bien C, Ehrlich S et al. Konsensuspapier zum Einsatz der therapeutischen Apherese in der Neurologie. DGNeurologie (2019) 2: 15-33.
-
Weinstein R. Therapeutic apheresis in neurological disorders. J Clin Apher (2000) 15: 74-128.
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