Das akute Guillain-Barré-Syndrom und die chronisch verlaufende, inflammatorische, demyelinisiernde Polyneuritis
Das Guillian-Barré-Syndrom (GBS) ist eine akut auftretende autoimmun-vermittelte, schwere neurologische Erkrankung. Die chronisch verlaufende, inflammatorische, demyelinisierende Polyneuritis (CIDP) hat Ähnlichkeiten mit dem GBS und wird landläufig auch als chronisches GBS bezeichnet.
Autoantikörper schädigen die Myelinschicht
Beim GBS schädigen Autoantikörper die Myelinschicht („Isolierschicht“) peripherer Nerven, so dass die Nervenfasern keine Reize mehr übertragen können. In der Folge kommt es innerhalb weniger Tage zu aufsteigenden Gefühlsstörungen und Lähmungserscheinungen von Armen und Beinen bis hin zur Atemlähmung. Die Symptomatik erreicht meist nach maximal vier Wochen ein Plateau.
Oft dauert es viele Wochen bis sich die Symptome zurückbilden, bei einigen Patienten bleiben dauerhaft neurologische Beschwerden bestehen. Mit einer Inzidenz von 1,6-1,9 pro 100.000 Einwohner gehört das GBS zu den seltenen Erkrankungen. Neben dem GBS in Form einer akuten inflammatorischen demyelinisierenden Polyneuropathie (AIDP) gibt es eine akute axonale Variante (AMAN) und das Miller-Fisher-Syndrom mit Störungen der Augenbewegung und Ataxie.
Bakterielle oder virale Infektion oft Auslöser
Dem GBS geht bei der Mehrzahl der Betroffenen eine bakterielle oder virale Infektion voraus, z.B. mit Campylobacter jejuni, Zytomegalie Virus, Ebstein-Barr Virus. Auch SARS-CoV-2-assoziierte GBS-Fälle wurden berichtet. Der Autoantikörper-vermittelte Angriff auf Ganglioside der Myelinscheiden bzw. auf die axonalen Membranen wird auf Strukturähnlichkeiten zwischen bakteriellen und viralen Komponenten und Nervenstrukturen zurückgeführt. In der Folge richtet sich die zunächst gegen das infektiöse Agens gerichtete Immunantwort gegen körpereigene Strukturen.
CIDP weist Ähnlichkeiten mit dem GBS auf
Die CIDP weist gewisse Ähnlichkeiten mit dem GBS auf, unterscheidet sich jedoch durch einen subakuten, langsam fortschreitenden oder schubförmigen Verlauf der nicht selbstlimitierend ist. Mit einer Prävalenz von 2 bis 7 pro 100.000 Einwohner gilt die CIDP ebenfalls als seltene Erkrankung.
Welche Therapiemöglichkeiten bestehen bei GBS und CIDP?
Beim akutem GBS haben sich der Plasmaaustausch und die intravenösen Immunglobuline (IVIG) gegenüber der rein supportiven Therapie als vorteilhaft erwiesen in Bezug auf die Gehfähigkeit, Muskelkraft und den Behinderungsgrad der Betroffenen. Die Immunadsorption war in klinischen Untersuchungen vergleichbar wirksam, bei verbesserter Verträglichkeit. Bei der Immunadsorption entfällt die Notwendigkeit der Substitution mit Fremdeiweiß. Steroide haben bei GBS keinen Effekt und sollten daher nicht gegeben werden.
Immunadsorption entfernt rasch die Autoantikörper
Die Wirkung der Immunadsorption tritt durch die direkte Entfernung der Autoantikörper vergleichsweise rasch ein. Bei schweren Verläufen mit drohender Beatmungspflicht ist dieser Aspekt besonders wichtig für die Betroffenen. In der Regel sind vier bis sechs Behandlungen ausreichend.
Die Therapie der akuten CIDP setzt sich aus IVIG, Steroiden, Plasmaaustausch und Immunadsorption zusammen. Die Immunadsorption kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine akute, rasch progrediente CIDP vorliegt, die nicht oder nicht ausreichend auf Steroide und/oder IVIG anspricht.
In seltenen, therapierefraktären Fällen kann eine chronische Langzeittherapie mit Immunadsorption zur Stabilisierung des Patienten notwendig werden. Die Behandlungen werden dann in der Regel ambulant durchgeführt. Vorab muss die Kostenerstattung bei der Krankenkasse beantragt werden.
Autoantikörper mithilfe der Immunadsorption aus dem Blut entfernen - wie geht das?
Bei zahlreichen Autoimmunerkrankungen wird die Immunadsorption seit mehr als 30 Jahren eingesetzt und konnte bereits vielen Patienten helfen. Wie die Immunadsorption funktioniert und Patienten behandelt werden, veranschaulicht dieser Beitrag des GBS-Magazins, veröffentlicht von der Deutschen GBS-Vereinigung e.V..
Für weitere Informationen zu Therapieoptionen beim Guillian-Barré-Syndrom oder der CIDP wenden Sie sich gerne an uns.
Kontakt aufnehmenPatient mit schwerer Form der CIDP mithilfe der Immunadsorption stabilisiert
Die CIDP ist eine entzündliche Autoimmunerkrankung der peripheren Nerven, die durch Symptome wie Gangstörungen, Störungen in der Feinmotorik, Taubheitsgefühle, Muskelschwäche oder Lähmungserscheinungen gekennzeichnet ist. Der Beitrag des GBS-Magazins, veröffentlicht von der Deutschen GBS-Vereinigung e.V., berichtet von einem Patienten, dessen progredienter Krankheitsverlauf mit mehreren Schüben mithilfe der Immunadsorption stabilisiert werden konnte.
Weitere Ansprechpartner
Weiterführende Informationen und Literatur (Kopie)
- Apherese-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie 2023
- Guidelines on the Use of Therapeutic Apheresis in Clinical Practice – Evidence-Based Approach from the Writing Committee of the American Society for Apheresis (ASFA): The Ninth Special Issue
- S2e-Leitlinie „Therapie akuter und chronischer immunvermittelter Neuropathien und Neuritiden, der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN)
- Galldiks N, Dohmen C, Neveling et al. Selective immune adsorption treatment of severe Guillain Barré syndrome in the intensive care unit. Neurocrit Care (2009) 11: 317-321.
- Galldiks N, Burghaus L, Dohmen C et al. Immunoadsorption in patients with chronic inflammatory demyelinating polyradiculoneuropathy with unsatisfactory response to first-line treatment. Eur Neurol (2011) 66: 183-189.
- Köhler W, Bien CG, Ehrlich S, et al. Konsensuspapier zum Einsatz der therapeutischen Apherese in der Neurologie. DGNeurologie (2019) 2: 15-33.
- Lieker I, Slowinski T, Harms L et al. A prospective study comparing tryptophan immunoadsorption with therapeutic plasma exchange for the treatment of chronic inflammatory demyelinating polyneuropathy. J Clin Apher (2017) 32: 486–493.
- Seta T, Nagayama H, Katsura K et al. Factors influencing outcome in Guillain-Barré Syndrome: comparison of plasma adsorption against other treatments. Clin Neurol Neurosurg (2005) 107: 491-496.
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