Familiäre Hypercholesterinämie, schwere Hypercholesterinämien
Die familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die autosomal dominant vererbt wird. Durch Mutationen meist direkt am LDL-Rezeptor-Gen sind die LDL-Rezeptoren an der Zelloberfläche nicht ausreichend funktionsfähig oder fehlen ganz.
Hohes Risiko für Atherosklerose
LDL-Cholesterin kann dadurch nicht in die Zellen der Leber aufgenommen und verstoffwechselt werden. Betroffene erkranken eventuell bereits im Kindes- und Jugendalter an Atherosklerose. Bei der Atherosklerose kommt es zu einer krankhaften Einlagerung von Fetten in die innere Wandschicht der arteriellen Blutgefäße. Unbehandelt ist die Lebenserwartung stark verkürzt.

Unterschiedliche Hypercholesterinämien
Die homozygote Form der FH (Prävalenz ca. 1/1 Mio.) ist durch eine Konzentration des LDL-Cholesterins im Blut von 600 – 900 mg/dl oder noch darüber gekennzeichnet, bei der heterozygoten Form (Prävalenz ca. 1/500) meist mehr als 250 mg/dl. Daneben existieren noch weitere familiäre oder genetisch definierte Hypercholesterinämien und die große Gruppe der polygen- und ernährungsbedingten sekundären Formen.
Welche Therapiemöglichkeiten gibt es bei schweren Hypercholesterinämien?
In den meisten Fällen lassen sich erhöhte LDL-Cholesterinspiegel medikamentös entsprechend der aktuellen Zielwertvorgaben absenken, die das individuelle Risikoprofil des Patienten berücksichtigen. Risikofaktoren sind Alter und Geschlecht (Männer > 45 Jahre, Frauen > 55 Jahre), Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin < 40 mg/dl, Zigarettenkonsum, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus und eine positive Familienanamnese für eine koronare Herzerkrankung.
Bei der FH in der rein genetischen Form (homozygot oder zusammengesetzt heterozygot) Form ist eine rein medikamentöse Absenkung des LDL-Cholesterins auf die Zielwerte in der Regel unmöglich. Bei der rein heterozygoten Ausprägung der FH ist eine befriedigende medikamentöse Einstellung der LDL-Werte in der Regel möglich. Ausnahmen sind extrem hohe LDL-Cholesterin-Werte, die auch bei der heterozygoten Form auftreten können oder Unverträglichkeit von Medikamenten. Das Ziel der lipidsenkenden Therapie ist die Verminderung des Risikos von Folgeerkrankungen, insbesondere kardiovaskulärer Komplikationen, allen voran Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Therapieoption Lipoproteinapherese
Im Rahmen der Primärprävention ist die Lipoproteinapherese (auch: Lipidapherese) für Patienten mit homozygoter FH die einzige lebensverlängernde Maßnahme. Zur Sekundärprävention ist sie speziell für Patienten mit schwerer Hypercholesterinämie inkl. FH und hohem Atherosklerose-Risiko geeignet, bei denen grundsätzlich mit einer über zwölf Monate dokumentierten maximalen diätetischen und medikamentösen Therapie das LDL-Cholesterin nicht ausreichend gesenkt werden kann. Im Vordergrund der Abwägung der Indikationsstellung zur Lipoproteinapherese soll dabei das Gesamtrisikoprofil des Patienten stehen.

Für weitere Informationen zum Thema Lipoproteinapherese bei familiärer Hypercholesterinämie wenden Sie sich gerne an uns.
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Weiterführende Informationen und Literatur
- Apherese-Standard der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie 2023
- Guidelines on the Use of Therapeutic Apheresis in Clinical Practice – Evidence-Based Approach from the Writing Committee of the American Society for Apheresis: The Ninth Special Issue
- Pocket-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Diagnostik und Therapie der Dyslipidämien (Version 2019)
- Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung in der Fassung vom 17. Januar 2006 veröffentlicht im Bundesanzeiger Nr. 48 (S. 1 523) vom 9. März 2006, zuletzt geändert am 20. Oktober 2022 veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 13.01.2023 B3)
- S2k-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie von Hyperlipidämien bei Kindern und Jugendlichen
- Cuchel M, Raal FJ, Hegele RA et al. 2023 update on European Atherosclerosis Society consensus statement on homozygous familial hypercholesterolaemia: new treatments and clinical guidance. Eur Heart J (2023) ehad197.
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- Klingel R, Göhlen B, Schwarting A et al. Differential indication of lipoprotein apheresis during pregnancy. Ther Apher Dial (2003) 7: 359-364.
- Mach F, Baigent C, Catapano AL et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk: The task force for the management of dyslipidaemias of the European Society of Cardiology (ESC) and European Atherosclerosis Society (EAS). Eur Heart J (2020) 41: 111-188.
- Spitthöver R, Röseler T, Julius U et al. Lipoprotein apheresis for real-world study: escalating targeted lipid-lowering treatment with PCSK9-inhibitors and lipoprotein apheresis. J Clin Apher (2019) 34: 423-433.
- Taylan C, Driemeyer J, Schmitt CP et al. Cardiovascular outcome of pediatric patients with bi-allelic (homozygous) familial hypercholesterolemia before and after initiation of multimodal lipid lowering therapy including lipoprotein apheresis. Am J Cardiol (2020) 136: 38−48.
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